In einer aktuellen Studie, an der unter anderem das Hector-Institut für Empirische Bildungsforschung beteiligt war, wurden Daten der PISA-2022-Erhebung ausgewertet, um den Zusammenhang zwischen Geschlecht, sozio-ökonomischen Hintergrund und kreativem Denken zu untersuchen. Die Analysen basierten dabei auf Daten aus 62 Ländern und zeigen übergreifende, aber nicht in allen Ländern gleich starke Muster: Mädchen erzielten im Durchschnitt höhere Werte in Aufgaben zum kreativen Denken und zum Lesen, während die Unterschiede in Aufgaben zu Mathematik deutlich geringer ausfielen.
Besonders bedeutsam erwies sich außerdem der soziale Hintergrund der Schülerinnen und Schüler: Jugendliche aus sozio-ökonomisch besser gestellten Familien erreichten in allen getesteten Kompetenzbereichen durchschnittlich bessere Ergebnisse. Wechselwirkungen zwischen Geschlecht und sozialem Hintergrund spielten dagegen nur eine untergeordnete Rolle, was darauf hindeutet, dass sich soziale Unterschiede in ähnlicher Weise für Mädchen und Jungen zeigen. Diese Ergebnisse decken sich auch mit weiteren meta-analytischen Studien aus der Literatur.
Für die Arbeit der Hector Kinderakademien unterstreichen diese Ergebnisse, dass kreative Potenziale stets im Kontext sozialer Rahmenbedingungen betrachtet werden sollten. Bei der Entwicklung diagnostischer Verfahren und der Gestaltung von Förderangeboten erscheint es daher wichtig, sowohl geschlechtsspezifische Unterschiede als auch soziale Ungleichheiten zu berücksichtigen, ohne diese Unterschiede vorschnell als feststehend zu deuten.
Publikation
Goecke, B., Benedek, M., Diedrich, J. G., Forthmann, B., Patzl, S., & Weiss, S. (2026). Being female and being well-situated implies higher performance on creative thinking tests: Evidence across 62 countries from PISA 2022. Thinking Skills and Creativity, 59, 101963. https://doi.org/10.1016/j.tsc.2025.101963
Weiterführende Literatur
Acar, S. (2023). Socio‐Economic Status and Creativity: A Meta‐Analysis. Journal of Organizational and Cultural Behavior, 1(1), Article 568. https://doi.org/10.1002/jocb.568
Abdulla Alabbasi, A. M., Thompson, T. L., Runco, M. A., Alansari, L. A., & Ayoub, A. E. A. (2025). Gender differences in creative potential: A meta-analysis of mean differences and variability.Psychology of Aesthetics, Creativity, and the Arts, 19(1), 87–100. https://doi.org/10.1037/aca0000506
Taylor, C. L., Said-Metwaly, S., Camarda, A., & Barbot, B. (2024). Gender differences and variability in creative ability: A systematic review and meta-analysis of the greater male variability hypothesis in creativity. Journal of Personality and Social Psychology, 126(6), 1161–1179. https://doi.org/10.1037/pspp0000484
Medienkontakt
Amelie Rebmann

